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Trageweisen der Lederhose

BeitragVerfasst: 22.12.2013, 03:33
Autor: sepplbux
Hallo

Grundsätzlich muss man schon bei der Trageweise der Lederhosen unterscheiden zwischen einer traditionsreichen Tracht, die sich an frühere Gewohnheiten orientiert aber auch oft danach mehr oder weniger künstlerisch entwickelt wurde.

In der Zeit von etwa 1860-1910 begann man in Bayern, über deren Trachten reden wir ja hier, sich Gedanken über eine Festtagsgarderobe zu machen und versuchte nach der Mode längst vergangener Zeiten das nach zu empfinden. Gewiss spielten wohl die Kleidungsgewohnheiten der bayrischer Könige und österreichischen Kaiser eine Rolle, die nach dem Wiederaufleben der kurzen Lederhose, ( heute würde man sie wohl als Halblang bezeichnen, wirklich kurz wurde sie ja erst in den 40-50er Jahren als Freizeitkleidung), besonders die kniefreie Lederhose für die Jagd und auch das damals sicher beschwerliche Reisen entdeckten. Darin konnte man tagelang unterwegs sein und aufwendiges Pflegen der Kleidung war nicht mehr notwendig. Das Beinkleid bedurfte keiner besonderen Pflege, sah immer ordentlich aus und zerriss auch nie an einem Gebüsch oder sonst wo.

Also bestellten die Herrschaften sich solche Kleidungsstücke besonders nach dem Remake und der Initiative eines gewissen Herrn Vogels , der mit anderen Gleichgesinnten sich diese Hosen anfertigen ließ und allen Anfeindungen trotzend getragen hat. Vermutlich hat dieser Entschluss eines hochwohllöblichen und vorbildhaften und unbedingt nachahmenswerten Gebieters Reaktionen unter zunächst dem Landadel ausgelöst. Was ein Kaiser trug konnte ja nur wegweisend sein und nachahmenswert, natürlich unter einer gewissen Respektierlichkeit. Und ein Aufruf der Obrigkeit seiner Majestät seinerseits zum Tragen der vorteilhaften Lederhose bewirkte natürlich eine schnellere Verbreitung derselben zunächst unter dem Adel aber auch der wohlhabenden Bauern, die dem Adel nacheiferten aber natürlich immer hinten an standen.

Aus einem verachteten Kleidungsstück wurde da schnell ein begehrtes Teil und Bestandteil einer gewachsenen Mode, bestehend aus einer Jacke bzw. Joppe aus edlem Loden oder auch aus Leinen, dem Hemd aus guten Leinen und den üblichen Zutaten. Natürlich versuchte man das Ganze ständig zu verfeinern und zu verbessern, wobei die Schneider unbewusst zu Designern wurden. Damals kannte man den Begriff zwar noch nicht, aber viele Schneider versuchten ja doch, einen guten Stil zu treffen. Und diese Ergebnisse wurden dann doch Bestandteil der heutigen bayrischen Tracht, natürlich mit regionalen Einschlag, die oft vom Österreichischen geprägt war und dann praktiziert wurde. Die Mode damals der Knechte und kleinen Bauern bestand wohl noch lange aus dem groben Woll-, bzw. Lodenstoff und wurde damit auch nie als Tracht angesehen. Keiner wollte sowas ernsthaft um die Jahrhundertwende 1900 erhalten. Wohl dem, der von einem reichen Bauern als Knecht mal eine abgetragene Lederhose geschenkt bekam und dafür äußerst dankbar war. Aber ob wir heute sowas noch untertänigst annehmend würden??? Schließlich kannte man kaum Unterwäsche damals, allenfalls dicke lange Baumwollhosen im Winter bei bitterlicher Kälte.

Wichtig war es damals nur, den Geboten der der Kirchen zufolge in schamhafter Kleidung aufzutreten, heißt, bei dem weiblichen Geschlecht die Brust zu bedecken und lange Gewänder an zuhaben. Bei den männlichen war ja oft die Gestaltung des geknöpften Latzes, ging ja damals nicht anders, den Reißverschluss kannte man ja noch nicht, der Besorgnis ob aller Offenheit des männlichen unteren Körpers erregte. das ging hin bis zum Kirchenverbot in einer Lederhose. Und das war eine wohl eine harte Strafe für die damals sehr gläubigen Menschen. Nur weil man da was schauen konnte ein Verbot für eine praktische Bekleidung, das hat schon Unwillen hervorgeführt unter dem Landvolk. Aber natürlich entsprach man auch den kirchlichen Geboten und änderte modische Entgleisungen, die es wohl immer gab, schnell ab. Wenn der Mann wieder züchtig in der kirche erschien, wurde ihm auch wieder Zutritt vom Pfarrer gewährt, nur wenige derer sahen dann noch eine Bedrohung und lehnten Lederhosen grundsätzlich ab.

So entstand dann ein gewisses Brauchtum zur Jahrhundertwende oder auch davor, das man bis heute als Tradition feiert. Vereine gründeten sich, die sich dem Erhalt dieser Mode aber auch gewissen Riten verschrieben. Besonders ab 1900 entstanden so örtliche Trachtenvereine die alte Gewohnheiten erhalten wollten wissen. Und das hat sich wohl bis in die heutige Zeit erhalten. Alte Moden wurden zur Tracht erklärt, auch manchmal abgewandelt zu anderen Trachten aber immer streng reglementiert. Es sollte altes oft über hundert Jahre und mehr erhalten bleiben. Das sollte man heute berücksichtigen und den Trachtträgern nachsehen, wenn deren Erscheinen schon manchmal exotisch anwirkt, besonders bei uns " Preußen". Deren Herz aber manchmal ganz bayrisch schlägt.

Durch den zunehmenden Tourismus ab etwa 1925 wurde von jeher notleidende Bayern bekannter. Die schöne Gegend lockte so manchen Großstädter in die Sommerfrische und die lernten dort die einfache und robuste Kleidung der dortigen Kinder kennen. man fertigte für Kinder einfache Lederhosen die ob ihrer Robustheit an Geschwister weitergegeben werden konnten. In der Regel hielt doch so eine Lederhose durchaus 4-5 Kinder aus, bevor sie mal ihren aufgab oder repariert werden musste. War ein Kind mal ganz wild, der Schuster oder Sattler half da schnell mit Näharbeiten. Aber die oft betuchten Touristen lernten so eine strapazierfähige Kleidung kennen, die ihrem Nachwuchs meist auch gefiel. Beim Spiel und Umgang mit den heimischen Kindern lernten sie schnell die Vorzüge solcher Kleidung kennen und begehrten eine solche. Ansässige Firmen sorgten dann schnell dafür, das die " fremden Kinder" eine solche Hose mit nach hause bekam. Und das sorgte dann wohl auch für Begehrlichkeiten der daheim gebliebenen. Natürlich waren da trachtverwandte Lederhosen nicht immer gefragt, aufgrund mehr Arbeitsaufwand durch Stickerei und Verzierungen, war man ja beizeiten besonders für Kinder abgekommen und machte einfache Lederhosen mit einem Knöpflatz der einfach zu öffnen war und zu schließen. Schließlich mussten die Buben auch mal. ;)

Aber erst die verstärkte Reisetätigkeit in den 50ern sorgte für eine massenhafte Verbreitung im übrigen Deutschland und eine massenhafte Produktion in Deutschland. Zwar gab es auch in der Hitlerzeit eine Propaganda dafür und zahlreiche Hausfrauenzeitschriften warben damals dafür die kurze Lederhose im Sommer mit einer Wäscheersparnis und sogar dem Wegfall von Unterwäsche. Naja, das Hygienebewusstsein war wohl sicher nicht so entwickelt wie heute. Schließlich war das Waschen damals noch sehr zeitaufwendig und anstrengend, vernünftige Waschmaschinen die alles selbständig erledigen kennen wir ja nur aus der heutigen Zeit. Damals konnte ein normaler Haushalt sich sowas kaum leisten und deren Bedienung war trotzdem noch zeitraubend und anstrengend. Das Auswringen der Wäsche war schon kräftezehrend trotz verfügbaren Geräte. Da waren schon Ersparnisse bei der Wäsche willkommen, auch wenn es nur ein paar Unterhosen der Kinder waren.

Das verfügbare und preiswerte Reißverschlüsse besonders nach dem Krieg auftauchten, war ein weiterer Pluspunkt für die Lederhosen, schlossen die doch zuverlässig den Einblick in eine Lederhose, was viele Kids damals störte. Und es sah schicker aus mit so einem doppelten Reißverschluß. Der wirkte wohl schon optisch besonders elegant und modisch. Überall im Land begannen so kleinere Firmen Lederhosen herzustellen, Besonders aber eben für Kinder. eine bessere Bekleidung gab es ja nicht und auch vielen Mädchen wurde sowas angezogen.

Es war in dieser Zeit eine Standardbekleidung, die sich in der DDR bis zur Wende erhielt. Große Betriebe widmeten sich der Lederhosenfabrikation und auch kleinere private sahen da ihr Einkommen. Wobei man sich da der sportlichen, sprich alltagstauglichen Lederhose ohne Zierrat, zu wandte. Eine eigens bayrische Variante der Lederhose gab es nicht, obwohl die Ausführungen oft stark daran erinnerten. Naja, Knöpflatz und Dekors wie Eichenlaub an den Taschen oder Edelweiß am Hosenträger waren schon üblich und begehrt. Meist von den Müttern, die sowas für die Sprößlinge kauften. Die waren meist froh, sich ungestört überall bewegen zu können ohne Schelte wegen verdreckter Hosen zu kriegen.

Aber auch viele Erwachsene bevorzugten damals eine Lederhose für die Freizeit, besonders wenn sie vom allgemeinen Klischee abwichen und bei Spaziergängen oder Ausflügen nicht unbedingt im Anzug und Schlips bzw. Krawatte auftreten wollten, sondern eben ganz normal. Sportliche Lederhosen waren da besonders gefragt, zwar nicht allzu modern, auch gern noch mit dem Knöpflatz, aber eben doch ohne allen Schnickschnack und vor allem, das man das zu allem tragen konnte . Modische Hemden oder aufkommende leichte Pullover, T-Shirts nannte man es erst später, waren da schon ein Bestandteil zur Lederhose. naja zur Doppelzipp und mit Gürtel kein Problem. Wozu Tracht wenn man kein Bayer ist?

Ich denke mal, die jeweilige Lederhose bestimmt auch das jeweilige Outfit. Eine original bayrische Lederne bestimmt auch das übrige Aussehen, Stefan betont das wohl am anschaulichsten. Nur dann lässt sich für mich eine Verbundenheit herstellen und eine nachhaltige Sympathie für Bayern und die gehört dann wiohl auch dazu. Dagegen sind die sportlicheren Varianten wie bei Harald oder sonst verbreitet zwar ein Bekenntnis zur Lederhose, aber eben in einem anderen Bezug, nämlich ein solches als normales Kleidungsstück zu sehen, zu dem man eigentlich alles tragen kann, außer vielleicht allzu Modischen. Natürlich auch immer angemessen dem Schnitt einer Lederhose. Eine Doppelzipp verträgt sich gut mit Gürtel und T-Shirt oder einem Pulli in der kälteren Jahreszeit und ein Anorak im Winter ist wohl auch angemessen, wobei es dann sicher eine kniebundene ist mit Kniestrümpfen ist. Natürlich sollte es dann keine ausgesprochene und notwendige Tracht sein. Dann spielen wohl besondere Vorschriften und Regularien eine Rolle.

Zu einer richtigen Trachtenlederhose sollte man sich auch den passenden Beischmuck anschaffen, ist dann zwar nicht billig aber mit entsprechender Beratung vor Ort ( Bayern) geht man da immer richtig einher. Für die mehr Sportlichen geht eigentlich alles, was man bei Jeans auch anziehen würde. Gerade das macht ja die Individualität aus. Da Vorschriften zu machen halte ich wohl sehr einengend. Naja und Lederhosen wie sie Hansi trägt sind wohl nur Arbeitslederhosen, wie sie jahrelang getragen wurden von jung und und alt. Und dazu passt eigentlich alles, was gerade zeitgemäß ist, besondere Anforderungen wirken da schnell fremd und desorientiert. So eine Alltagsarbeitshose wirkt weder trachtig noch sportlich, sondern eben alltäglich und der Tätigkeit entsprechend. Bäuerliche Tätigkeit ist eben eine andere als ein Beruf in der Industrie mit vorwiegender Bürotätigkeit.

Ich hoffe, ich habe nicht zu gelangweilt, das Verständnis für eine Lederhose muss aber meist weit her geholt werden und damit auch, wie man sie trägt. Zum Glück gibt es ja viele Unterschiede

Gerd